Artikel aus der Mainpost vom 24. März.2007 von Karl Anderlohr
"Wahlmüdigkeit ist erschreckend"
Arbeitskreis auf Burg Rothenfels nimmt die Politikverdrossenheit ins Visier
LOHR Durch staatsbürgerliche Bildung zum Aufbau und zur Festigung der jungen Demokratie beizutragen, nach 18 Jahren Weimarer Republik, einer Demokratie, der es nach Meinung vieler Historiker an Demokraten fehlte und nach zwölf Jahren Diktatur und Krieg, dazu war in der Nachkriegszeit der Arbeitskreis auf Burg Rothenfels gegründet worden. Es scheint, als sei man damit noch nicht am Ziel.
Der frühere Bundestagsabgeordnete und Sozialpolitiker Peter Keller wies in der Mitgliederversammlung am Samstag im Gasthaus ‚Grüner Baum in Sackenbach auf einen erschreckenden Langzeittrend hin: einen Rückgang der Wahlbeteiligung. Zwar bekennt sich in Umfragen die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung zur Demokratie, aber gleichzeitig seien zwei Drittel der Ansicht, in der Bundesrepublik seien die Grundsätze der sozialen Marktwirtschaft nicht mehr gewährleistet. In der Diskussion machte man sich über die Ursachen dieser Entwicklung und darüber wie man ihr begegnen konnte, viele Gedanken, ohne gleich zu einem Ergebnis zu kommen. Der Vorsitzende des Arbeitskreises, Herbert Brehm versicherte aber, man werde sich mit dem Thema in der Vorstandschaft weiter beschäftigen und versuchen, der Entwicklung entgegenzuwirken. Die Zeiten, in denen Vortragsveranstaltungen und Seminare des Arbeitskreises zu politischen Themen ausgebucht waren, seien allerdings unwiederbringlich vorbei.
Der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Zöller sah einen der Gründe für die Politikverdrossenheit in der Verunsicherung vieler Bürger. Unausgegorene Lösungsvorschläge zu den verschiedensten Themen würden in politischen Talkshows von Leuten zerredet, die von der Problematik oft wenig Ahnung hatten."Fast jeden Tag wird eine andere Sau durch das Dorf getrieben und die Bürger wissen nicht mehr, woran sie sind.“ Auch manche Bürgerinitiativen trügen dazu bei, die oft zeitlich begrenzt nur ihre eigenen Interessen und nicht das Gemeinwohl verträten.
In einem Kurzreferat nahm Wolfgang Zöller zur Gesundheitsreform Stellung - und zwar wie er betonte, zur beschlossenen und nicht zu dem Entwurf, über den da und dort immer noch geschrieben und diskutiert werde. Die Reform so erläuterte er, bringe Vorteile sowohl für die Versicherten, als auch für die Patienten, mehr Wettbewerb und eine leistungsgerechte Vergütung für die Ärzte. Die Argumente einiger bayerischer Funktionäre von Hausärzten beruhten nicht auf Tatsachen sondern auf bloßen Annahmen und seien unredlich.
Herbert Brehm hatte auch das Thema Mehrwertsteuer-Erhöhung angesprochen. Dazu versicherte Zöller, die unterschiedlichen Mehrwertsteuer -Sätze würden insgesamt auf den Prüfstand kommen. Es gehe nicht an, dass Porno-Schriften und Tiernahrung steuerbegünstigt seien, nicht aber Arzneimittel.
Autobahnzufahrt nicht gefährden
Ein weiteres, diesmal lokales Thema, lag Herbert Brehm als langjährigem Kreis-Tiefbauchef noch besonders am Herzen: Auf Grund jüngster Entscheidungen des Bayerischen Rechnungshofes sieht er die Finanzierung des Autobahn-Aufstiegs bei Marktheidenfeld in Gefahr. Diese Verbesserung der Autobahn-Anbindung sei für den Raum Lohr von so enormer wirtschaftlicher Bedeutung, dass sie auf keinen Fall dadurch gefährdet werden dürfe, dass der Bund sich aus der Finanzierung zurück- zieht, sagte er und bat Zöller, sich in diesem Sinne einzusetzen.